Kunststoffe und Umwelt

Die Betrachtung der Einflüsse von Kunststoffen auf die Umwelt ist ein Teil der Verantwortung der Kunststofftechnik und darf nicht vernachlässigt werden. Daher ist sie — zusammen mit dem Recycling — ein wichtiger Teil der Forschung am IKT

Umwelteinflüsse durch Kunststoffe

Für unterwegs den „Coffee to go“, zum Essen einen Salat aus der Einwegverpackung und danach Kekse, die mehrfach in Kunststofffolie verpackt sind. Dieses Konsumverhalten trägt maßgeblich dazu bei, dass inzwischen mehr als ein Drittel des weltweiten Kunststoffverbrauchs auf Verpackungen zurückzuführen sind.

Werden diese Verpackungen odrnungsgemäß entsorgt und gesammelt, so können sie anschließend werkstofflich oder energetisch verwertet werden. Leider werden diese Abfälle oft achtlos in der Natur entsorgt, werden vom Land aus über Flüsse in die Meere eingetragem und stellen somit eine große Belastung für die Umwelt dar. Durch äußere Umwelteinflüsse beginnt der Kunststoff zu altern und schließlich zu fragmentieren. Es entstehen Mikrokunststoffpartikel, das sogenannte Mikroplastik. Andere Quellen von Mikroplastik welches in die Unmwelt gelangt, sind der Abrieb von Reifen als auch der Faserabrieb von Textilien bei der Wäsche sowie Partikel in Kosmetikprodukten. Die Mikropartikel gelangen in die Kläranlagen und zum Teil mit dem Klärschlamm auf die Felder. Dort verbleiben sie je nach Kunststoffart Jahrzehnte bis Jahrhunderte.

Forschungsthemen

Das Institut für Kunststofftechnik (IKT) verfolgt mehrere Aktivitäten auf dem Themengebiet Kunststoffe und Umwelt. Ein Ziel ist, umweltgerechte Alternativen zu konventionellen Kunststoffen zu entwickeln. Ins Bewusstsein treten dabei verstärkt die biologisch abbaubaren Kunststoffe, insbesondere für Anwendungen, die zwangsläufig in der Umwelt verbleiben, wie Baumschutz-Manschetten, Rasentrimmer-Fäden und Peeling-Partikel.

Ein Konsortium unter der Leitung des IKT forscht an der „Entwicklung neuer Kunststoffe für eine saubere Umwelt unter Bestimmung relevanter Eintragspfade (ENSURE)“. Der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbund aus Wissenschaft und außeruniversitärer Forschung widmet sich der Fragestellung, wie Kunststoffe in der terrestrischen und semiterrestrischen Umwelt und die damit verbundenen negativen Folgen minimiert werden können. Ziel ist es, Kunststoffe mit verbessertem Abbauverhalten zu entwickeln, die bei gleicher Performance während des Gebrauchs schnell und umweltverträglich abgebaut werden können. In einem ersten Schritt muss das Abbauvermögen der Mikroorganismen hinsichtlich der verschiedenen Kunststoffe untersucht werden. Die Kunststoffe werden dazu mit einem fluoreszierenden Additiv versetzt, um die Mikroorganismen besser detektieren zu können.

 

www.ensure-project.de

Ein anderes Projekt beschäftigt sich mit der Witterungsbeständigkeit von Kunststoffen. Ein Waldbeschilderungssystem, welches bisher aus einem nicht biologisch abbaubaren Kunststoff produziert wird, soll durch die Biokunststoffe Polyhydroxybutyrat-co-hydroxyvalerat (PHBV) und Polylactid (PLA) hergestellt werden.

Mitwachsende Baumbeschilderung
Blasgeformte Flasche aus modifiziertem Polyamid

Recycling

Aufbereitung von Polyamiden

Auch im Bereich des Recyclings wird am Institut für Kunststofftechnik in verschiedenen Bereichen geforscht. 

Zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit von Polyamiden (im Hinblick auf weltweise Lieferengpässe) werden z.B. neue Recyclingkonzepte vorgestellt, die verlorengeglaubten Ressourcen – Abfallprodukte bei der Verarbeitung – ein neues Leben einhauchen. Upcycling statt Downcycling ist nicht nur der Schlüssel zum Erfolg, sondern sorgt auch als positives Beispiel für eine ressourceneffiziente Kunststoffnutzung.

Dass Polyamid 6-Blends mehr als nur die Summe der einzelnen Komponenten sind, wird eindrucksvoll durch den Einsatz verschiedener Haftvermittler aufgezeigt. Die Blendmorphologie lässt sich durch eine geschickte Abstimmung von Modifikatoren über einen großen Bereich variieren, sodass die Blendeigenschaften aus dem Inneren heraus definiert werden können. Der Erfolg neuer Blends liegt im Verständnis der Struktur-Eigenschafts­beziehungen. Nur so kann das gesamte Potential der Blendpartner ausgeschöpft und die restlichen noch ungenutzten Eigenschaftsreserven aktiviert werden.

 

Recycling beim selektiven Lasersintern

Bei dem Verfahren des selektiven Lasersinterns werden nur maximal 30 % des eingesetzten Lasersinterpulvers tatsächlich versintert — das restliche Pulver bleibt als sogenannter Pulverkuchen zurück. Bei diesem Pulver kann es sich z.B. um PA12-Pulver handeln, dessen Preis mit ca. 60 €/kg sehr hoch ist. Durch die Wärmeeinflusszone bei selektiven Sintern kommt es zu Alterungsprozessen, die die Eigenschaften des Altpulvers stark verändern und eine erneute Verwendung im Prozess erschweren.

Im Rahmen eines Forschungsprojekts am IKT wurde das Alterungsverhalten nachgestellt und gezeigt, dass die Alterung durch die Modifizierung des Altpulvers mittels Kettenspaltern rückgängig gemacht werden kann. Dieses neuartige Verfahren ist durch eine europäische Patentanmeldung (Nr. 17195693.1) geschützt.

 

Zum Patent

Gedruckte Formänderungsstruktur

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Modifizierung von Extrusionsschäumen auf PLA Basis

Biobasierte Kunststoffe

Biobasiert und bioinspiriert

Eine weitere Forschungsaktivität beruht auf der additiven Fertigung von Formänderungswerkstoffen. Solche Werkstoffe sind in der Lage, ihre Form unter Einwirkung äußerer Einflüsse wie Temperatur oder Luftfeuchtigkeit zu verändern. Für die Formänderung muss keine Kraft aufgebracht werden, dadurch können Energie- und Materialkosten gesenkt werden. Der Werkstoff wirkt dann zugleich als Sensor, Aktor und Regler, weshalb diese Werkstoffe auch als „Smart Materials“ bezeichnet werden.

Diese Strukturen sind im Zuge der Ressourcenschonung nicht nur biobasiert, sondern auch bioinspiriert. So können Kunststoffe von der Betrachtung der Umwelt profitieren.

Smart Material
Demonstrator mit additiv hergestellter Formänderungsstruktur, die sich abhängig von der relativen Luftfeuchte (links: 90 % rLF / rechts: 30 % rLF) schließt und öffnet.

Forschungsprojekt Smart biostructures

Modifizierung von Polylactid

Als wichtiger Vertreter der biobasierten und bioabbaubaren Kunststoffe gilt Polylactid (PLA). Dieser Kunststoff kann z.B. aus Maisstärke synthetisiert werden und wird durch steigende Produktionskapazitäten bzw. sinkende Preise wettbewerbsfähiger. PLA weist vergleichbare Eigenschaften zu denen von Polystyrol auf, aber um Biokunststoffe alternativ einsetzen zu können, müssen deren Eigenschafts- und Verarbeitungsprofil oft noch optimiert werden.

Ein von der DFG gefördertes Projekt befasst sich mit der Modifizierung und Aufbereitung des Biokunststoffes Polylactid. Im Vordergrund steht dabei vor allem die Betrachtung der viskosen Schmelzeigenschaften in Relation zur Art und dem Grad der Modifikation verschiedener PLA-Typen. Abhängig von den molekularen Eigenschaften des PLA, wie Kettenlänge, Anzahl der reaktiven Endgruppen und Isomerenverhältnis, werden diese im Rahmen eines reaktiven Extrusionsprozesses chemisch modifiziert und können dadurch für verschiedene Anwendungen maßgeschneidert werden.

Ein anderes Einsatzgebiet von Kunststoffen ist im Bereich der Schäume. Um den Einsatz von Polylactiden beim Schäumen zu ermöglichen, ist es notwendig, die erforderlichen Eigenschaften, wie eine hohe Hydrolyseempfindlichkeit und eine geringe Kristallisationsrate, einzustellen. Dies erfolgt über die Aufklärung der Zusammenhänge zwischen Modifikatoren und den molekularen Eigenschaften von PLA. Auch diese Forschung wird im Rahmen eines DFG geförderten Projekts durchgeführt.

 

Abteilungsleiter

Dieses Bild zeigt Julia Resch

Julia Resch

M. Sc.

Abteilungsleiterin Werkstofftechnik / Stellv. Leiterin akkreditiertes Prüflabor

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