Rückblick des 25. Stuttgarter Kunststoffkolloquiums

Kolloquium vom 22./23.03.17

Knapp 350 Teilnehmer begrüßte Professor Christian Bonten zum 25. Stuttgarter Kunststoffkolloquium am 22. und 23. März 2017 anlässlich dessen silbernen Jubiläums. Den Zuhörern wurden bereits im Plenarvortrag durch Herrn Christoph Bauernfeind, Porsche-Entwicklungschef Karrosserieentwicklung GT-Fahrzeuge, die Bedeutsamkeit der Faserkunststoffverbunden für den modernen Leichtbau anschaulich nahegelegt und eine Reise durch die erfolgreiche Entwicklungshistorie des schwäbischen Automobilkonzerns geboten.

Zum Auftakt sprach der Porsche-Karosserieentwicklungsleiter Christoph Bauernfeind über die Bedeutung des Leichtbaus für den Motorsport

Anschließend wurden in drei Sälen parallel zahlreiche aktuelle Ergebnisse und Trends der Kunststofftechnik präsentiert. Während der eine Saal das Thema Leichtbau fortführte, widmeten sich die anderen beiden der Forschung am Werkstoff sowie am Prozess.

Christoph Bauernfeind führte durch die traditionsreiche Historie und aktuelle Aktivitäten der Porsche AG im Bereich des Leichtbaus

Ein wichtiger Schwerpunkt der Leichtbau-Session stellte die zerstörungsfreie Prüfung am IKT dar. Der immer bedeutsamere Einsatz von harzbasierten Faser-Matrix-Werkstoffen in der Luftfahrt und im Automobilbereich erfordert Prüfverfahren, mit denen nicht sichtbare Bauteilfehler oder -schäden zuverlässig erkannt werden können. Eine praxisnahe und automatisierbare Lösung hierfür wurde in Form der robotergestützten, dreidimensionalen Untersuchung mit Luftultraschall vorgestellt. Die weitreichenden Möglichkeiten dieses Prüfverfahrens konnten in mehreren Vorträgen anschaulich dargestellt werden. Daneben widmeten sich weitere Vorträge auch den Möglichkeiten der ultraschallbasierten Thermographie und weitere zerstörungsfreien Prüfverfahren.

Der Themenblock zur Forschung an Maschine und Verfahren begann mit mehreren Vorträgen im Bereich der Einschneckenextrusion und insbesondere den Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung durch neue Ansätze in der Simulation. Daneben widmeten sich weitere Vorträge der optimierten Werkzeugauslegung sowie insbesondere der anspruchsvollen Simulation vollständig genuteter Plastifizierzonen, welche am IKT bereits seit vielen Jahren erforscht werden.

Die dritte Session widmete sich den werkstofflichen Aspekten der Kunststofftechnik. Hier wurden unter anderem die Modifikation von Polyamiden und deren Blends zur gezielten Verbesserung der bruchmechanischen Eigenschaften aber auch deren Beständigkeit vorgestellt. Zwei weitere Vorträge widmeten sich der gezielten Eigenschaftseinstellung von Polyamid 6 bzw. Rezyklat von Gusspolyamiden im Doppelschneckenextruder mittels reaktiver Extrusion.

Der erste Tag der Konferenz schloss anschließend mit einer Podiumsdiskussion, in der Dr. Herold (B.Braun), Herr Beiermeister (BOSCH), Dr. Möllenstädt (GKV), Prof. Hopmann (IKV) und Herr Kühmann (VDMA) die Bedeutung der Digitalisierung für die Kunststoffbranche erörterten. Neben den vielfältigen Chancen der Industrie 4.0 in Sachen Automatisierbarkeit, intelligente Produktion und Effizienz wurden aber auch die damit einhergehenden Risiken der Datensicherheit, vor allem für mittelständische Unternehmen, kritisch diskutiert.

Teilnehmer der Podiumsdiskussion v.l.n.r.: Prof. Christian Bonten (IKT), Dr. Andreas Herold (B.Braun), Hr. Bernd Beiermeister (BOSCH), Dr. Oliver Möllenstädt (GKV), Prof.Christian Hopmann (IKV) und Hr. Thorsten Kühmann (VDMA)

Ein zweiter Plenarvortrag, der vor allem soziologische und psychologische Aspekte zum Thema Kunststoffe und deren Öffentlichkeitswahrnehmung beleuchtete, erwartete die Tagungsbesucher zudem am zweiten Tag. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Ortwin Renn, ehemaliger Leiter des Lehrstuhls Technik- und Umweltsoziologie an der Universität Stuttgart und seit 2016 Direktor des Potsdamer Institute for Advanced Sustainability Studies, legte anschaulich dar, inwiefern die öffentliche Risikowahrnehmung sich zunehmend auf, nach wissenschaftlichen Kriterien in Wahrheit wenig bedrohliche, Themen wie beispielsweise die Gefahr durch chemische Inhaltsstoffe in Nahrung fokussiert und sich dabei zunehmend von der Faktenlage entfernt. Als Wege aus dieser Problematik benannte er dabei vor allem das Schaffen und Nutzen kommunikativer Plattformen für den Wissensaustausch und den (Wieder-)Aufbau von gesamtgesellschaftlichem Vertrauen in Fachleute.

Prof. Ortwin Renn sprach am zweiten Veranstaltungstag über zunehmende irrationale Ängste der Bevölkerung gegenüber Chemie und Kunststoffen und wie diesen zu begegnen sei

Die Veranstaltung wurde durch eine Fachausstellung von mehreren großen und mittelständischen Firmen begleitet, die Gelegenheit zum Kennenlernen und zum fachlichen Austausch baten.

 

Das Stuttgarter Kunststoffkolloquium ist seit 1968 ein wichtiger Branchentreff für Industrie und Forschung auf dem Gebiet der Kunststofftechnik.

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